
Ann-Kathrin Piwellek im Interview mit Pia Berger, Coach, Trainerin, Autorin und HR-Expertin mit Leidenschaft.
Pia, du sagst, gute Leute allein reichen nicht – warum ist Teamarbeit in deinen Augen heute wichtiger denn je für den Unternehmenserfolg?
Pia Berger: Fachlich starke Einzelpersonen sind wichtig, keine Frage – aber in der heutigen Arbeitswelt bringt das wenig, wenn die Zusammenarbeit im Team nicht funktioniert. Viele Projekte sind so komplex und dynamisch, dass sie nur im Miteinander wirklich gelingen. Wer sich heute als Unternehmen weiterentwickeln will, muss weg von Alleinkämpfer*innen und hin zu echter Kooperation. Das heißt: Wie arbeiten Menschen zusammen, wie gehen sie mit Konflikten um, wie offen ist der Umgang miteinander? Wenn das Zusammenspiel nicht passt, leidet am Ende das Ergebnis – egal wie hoch die individuelle Kompetenz ist.
Was macht aus deiner Sicht ein wirklich gutes Team aus – jenseits von fachlicher Qualifikation?
Ein gutes Team erkenne ich daran, dass es nicht perfekt ist, aber bewusst miteinander umgeht. Es gibt eine gemeinsame Basis, wie die Teammitglieder miteinander arbeiten, sprechen und sich aufeinander verlassen können.
Außerdem setzen sich gute Teams aus unterschiedlichen Menschen mit ihren individuellen Eigenschaften zusammen. Was sie aber verbindet, ist das Verständnis für gemeinsame Ziele und Wege. Vertrauen ist dabei der Schlüssel – und das entsteht nicht durch Kickertische oder Teamevents, sondern durch ehrliche Gespräche, Transparenz und das Gefühl, sich zeigen zu dürfen, wie man wirklich ist, auch wenn’s mal holpert.
Welche Rolle spielen diverse Teams hierbei? Sind gemischte Teams automatisch bessere Teams?
Vielfalt allein macht natürlich noch kein gutes Team, aber sie bringt unglaublich viel Potenzial mit. Unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Denkweisen können ein echter Kick sein, wenn man sie richtig einsetzt. Damit das gelingt, braucht es aber einen sicheren Rahmen: Menschen müssen sich gesehen und gehört fühlen in ihrer vollkommenen Individualität und mit allen Besonderheiten!
Ja, Diversität bringt Spannung – im besten Sinne. Aber das muss das Unternehmen, die Führung und natürlich auch alle einzelnen Teammitglieder erkennen und begleiten. Wer es schafft, die Unterschiede produktiv zu nutzen, statt sie unter den Tisch zu kehren, gewinnt nicht nur kreativere Lösungen, sondern auch mehr Zusammenhalt.
Wie gelingt es, dass Zusammenarbeit nicht nur gut klingt, sondern in der Praxis auch wirklich funktioniert?
Ich nenne diesen ganzheitlichen Ansatz „OpTEAMierung“. Das bedeutet für mich, aus dem vorhandenen Team das Beste rauszuholen – nicht durch Druck, sondern durch Klarheit und Rahmenbedingungen. Das fängt bei der Führung an: Bin ich als Leitung greifbar, ansprechbar, verlässlich? Weiß das Team, worauf es ankommt, und darf es auch mal hinterfragen? Es geht darum, bewusst Räume zu schaffen für Austausch, Reflexion und gemeinsames Lernen. Viele Unternehmen setzen auf Tools, vergessen aber die Basics: Wie sprechen wir miteinander? Welche Rollen haben wir? Und wo hakt’s eigentlich gerade? Erst wenn das geklärt ist, kann man Teams wirklich weiterentwickeln – und nicht nur organisieren.
Was bedeutet all das für die Personalarbeit – speziell fürs Recruiting? Wie finde Unternehmen in Zukunft Menschen, die nicht nur ins Team passen, sondern es besser machen?
Recruiting sollte heute nicht nur nach dem Schema „passt fachlich, sympathisch, eingestellt“ funktionieren. Es geht darum zu verstehen: Wen brauchen wir wirklich, also nicht nur auf dem Papier, sondern im Zusammenspiel mit dem bestehenden Team? Dafür müssen wir tiefer reingehen: Welche Dynamiken gibt es im Team? Welche Ergänzung wäre sinnvoll?
Gleichzeitig sollten wir auch offen bleiben für Menschen, die auf den ersten Blick nicht ins Schema passen, aber frischen Wind reinbringen. Das Ziel ist ein echtes Match. Und das beginnt schon beim Auswahlprozess: ehrliche Gespräche, klare Kommunikation, keine Show. Nur so entsteht von Anfang an ein echtes Miteinander – und das macht den Unterschied.
Hast du zum Abschluss noch 3 praxisnahe Tipps für Führungskräfte?
Sehr gerne!
- Fördern Sie den Wissenstransfer untereinander für einen Wechsel hin zu mehr Team-Denken. Hierzu können Sie zum Beispiel sogenannte „Teach-Back“-Sessions nutzen, bei denen alle ihr Expert*innen-Wissen präsentieren und somit das Verständnis und die praktische Anwendung fördern. So schaffen Sie du eine Möglichkeit, Lücken in der Wissensvermittlung in Ihrem Team schnell zu identifizieren und zu schließen.
- Reflektieren Sie über Rollen und Struktur in Ihrem Team: Sind die Rollen und Aufgaben im Team klar definiert? Gibt es Überschneidungen oder Lücken in den Verantwortlichkeiten? Wie werden Entscheidungen im Team getroffen?
- Und natürlich ganz wichtig: Machen Sie die Stärken der einzelnen Teammitglieder deutlich. Erstellen Sie hierfür mit Ihrem Team zusammen eine „Stärken-Karte“ der einzelnen Teammitglieder und diskutieren Sie dann, wie alle diese individuellen Stärken in aktuellen Projekten genutzt werden können.