CleverMatch im Gespräch mit Petra Walther.
Frau Walther, was ist aktuell die größte HR-Herausforderung aus Ihrer Sicht?
Petra Walther: Es sind so viele Herausforderungen, denen HR aktuell gegenübersteht: Der demografische Wandel mit der Folge von Fachkräftemangel und Arbeitsverdichtung, die Digitalisierung, Veränderungen der Arbeit infolge von Künstlicher Intelligenz. Zudem die Notwendigkeit agil zu sein, Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Mitarbeitenden zu fördern und ihnen gleichzeitig Stabilität und psychologische Sicherheit in einer durch Krisen durchdrungenen Zeit zu bieten… Schwer zu sagen, was da die größte Herausforderung ist. Auf der Metaebene liegt sie darin, dass Personaler:innen die Transformation ihres Unternehmens maßgeblich begleiten sollten, sich zudem noch selbst transformieren müssen und bei all den verschiedenen Themen nicht den Fokus verlieren dürfen. Dabei ist Letzteres meiner Meinung nach entscheidend: Zu erkennen, was gerade am wichtigsten ist und dies zu priorisieren, anstatt zu viel auf einmal anzugehen und sich nachher zu verzetteln und nichts wirklich voranzutreiben.
Welche HR-Trends sehen Sie in der Zukunft des Personalwesens?
Ich sehe insbesondere zwei starke Trends. Zum einen werden künstliche Intelligenz und Automatisierung in HR-Prozessen zunehmen im Sinne einer Assistenzfunktion. Zum anderen wird Employer Branding noch mehr an Bedeutung gewinnen, um Talente zu finden und zu binden. Und damit rücken automatisch einige Themen, die dazu beitragen, dass Unternehmen sich als attraktive Arbeitgeber positionieren können, mit in den Fokus – etwa Employee Experience, generationengerechte Personalgewinnung und -entwicklung, die Gestaltung von flexiblen Arbeitsbedingungen, Diversity und Inklusion sowie eine wertschätzende Unternehmenskultur.
Welche Fähigkeiten werden Ihrer Meinung nach für Führungskräfte besonders wichtig sein?
Empathie und die Fähigkeit zur Selbstreflexion werden meiner Beobachtung nach immer mehr zu Schlüsselkompetenzen für Führungskräfte. Wenn sie in der Lage sind, ihr Führungsverhalten zu hinterfragen, ist das ein echter Gewinn. Denn die klassische Führungsrolle à la Aufgaben delegieren und kontrollieren passt immer weniger in die neue Arbeitswelt. Führungskräfte sind vielmehr gefordert, ihren Mitarbeitenden Orientierung zu geben, die Selbstverantwortung der Teammitglieder zu ermöglichen und sie entsprechend ihrer jeweiligen Stärken zu fördern. Wichtig ist dabei zu erkennen, wo die Mitarbeitenden jeweils stehen und was sie brauchen. Dabei ist natürlich auch fachliche Kompetenz weiterhin wichtig, um den Mitarbeitenden als Mentor zur Seite stehen zu können.
Welche Lösungen sehen Sie im Umgang mit dem Fachkräftemangel?
Allem voran sollten Unternehmen jeweils darin investieren, ein guter Arbeitgeber zu sein. Stichpunkt Employer Branding. Dabei reicht es nicht, als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Die Organisationen müssen das, was sie präsentieren, wirklich leben. So stärken sie vor allem auch die Mitarbeiterbindung sowie die Wahrscheinlichkeit, weiterempfohlen zu werden. Ferner sind Kooperationen mit Schulen und Unis ein Ansatz, um junge Menschen zu gewinnen. All das wird aber nicht genügen. Es gilt, jegliche Hebel zu nutzen: Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren. Die Beschäftigung älterer Arbeitnehmenden ausweiten. Offen sein für Quereinsteiger:innen. Und mehr auf Weiterqualifizierung setzen, um versteckte Potenziale von Mitarbeitenden innerhalb der Firma auszuschöpfen.
Welche sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten KPIs im HR-Umfeld?
Die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden, die Fluktuation und die Workability, also die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden, sind sicherlich essenzielle Kennzahlen für HR. Wie ich mal bei einem Artikel zu den Kennzahlen im BGM lernen durfte, kommt es bei der Erhebung von Kennzahlen vor allem aber darauf an, zu wissen, was man mit ihnen als Steuerungsinstrument erreichen will. Daraus leiten sich die für das Unternehmen wichtigen Kennzahlen ab. Das wird erstaunlicherweise häufig vernachlässigt.