„Demografischer Wandel und Ambiguitätskompetenz als Schlüsselthemen für die Zukunft der Arbeit“

Christoph Werner

Anja Odenthal im Gespräch mit
Christoph Werner, Vorsitzender Geschäftsführer dm – drogerie markt

Was sind Ihrer Meinung nach die größten HR-Herausforderungen in den kommenden Jahren, und wie planen Sie, diese anzugehen?

Der demografische Wandel ist unserer Meinung nach die größte strukturelle Herausforderung. Denn es wird weniger Menschen als in der Vergangenheit geben, die eine Arbeit suchen. Dieser Aufgabenstellung begegnen wir bei dm mit einem Angebot an vielen unterschiedlichen Ausbildungsberufen. Hierbei greifen wir auf innovative Ausbildungskonzepte zurück, die junge Menschen ansprechen. Nach abgeschlossener Berufsausbildung setzen wir auf Weiterbildungsangebote, damit Menschen sich größere Verantwortungsbereiche zutrauen.

Welche Kompetenzen werden Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren für Fach- und Führungskräfte immer wichtiger werden?

Ambiguitätskompetenz wird sicherlich eine der wesentlichen Eigenschaften sein, um auch in unsicheren Zeiten Handlungsinitiative zu bewahren. Außerdem die Bereitschaft, sich beständig weiterzuentwickeln und neue Fertigkeiten zu erwerben.  

Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Unternehmen die besten Talente anzieht und langfristig an sich bindet? 

Unsere Kampagnen zur Mitarbeitergewinnung stehen unter der Leitidee von „Arbeit anders leben“. Denn ob bei der Arbeit oder außerhalb des Berufs: Es geht immer um kostbare menschliche Lebenszeit, die beständig verrinnt. Das Versprechen, bei dm in eine sinnvolle Aufgabe einsteigen zu können, die es ermöglicht, in der Gemeinschaft über sich hinauszuwachsen, spricht viele Menschen an, die sich mit einer beruflichen Aufgabe wirklich verbinden wollen. So gesehen ist es nicht unser Ziel, Menschen an uns zu binden. Denn wenn sich Menschen mit uns verbinden wollen, wäre es kontraproduktiv, ihre Freiheit durch Bindungsmaßnahmen einzuschränken.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um eine diverse und inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen, und wie hat sich dies auf Ihr Unternehmen ausgewirkt? 

Wir bei dm halten Diversität für eine wesentliche Voraussetzung, um zu guten Ideen zu kommen. Diversität verstehen wir als Ausdruck menschlicher Individualität. Durch unsere dialogische Unternehmenskultur wollen wir dieser Individualität Raum geben, damit sie sich zugunsten der gemeinsamen Ziele einbringen kann. Unsere Erfahrung ist, dass Menschen unter diesen Rahmenbedingungen erstaunliche Beiträge leisten und über sich hinauswachsen.

Wie gehen Sie mit den Herausforderungen der Mitarbeiterbindung und -motivation in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt um? 

Unsere Erfahrung ist, dass wir Menschen durch extrinsische Maßnahmen langfristig nicht motivieren können. Wir können lediglich dafür Sorge tragen, dass wir Menschen nicht aus Unachtsamkeit durch widrige Arbeitsbedingungen demotivieren. Die nachhaltigste Motivation ist die intrinsische Motivation, die sich am erlebten Sinn der Tätigkeit immer wieder entzündet. Ist diese intrinsische Motivation vorhanden, besteht auch die Bereitschaft, Veränderungen in der Arbeitswelt als Chancen und nicht als Bedrohungen einzuordnen.